Gefangen in Lauf

Dokumente der Kriegsgefangenschaft 1916 – 1945

Historikerin Sabrina Grünewald bei der Recherche.

In unseren Online-Ausstellungen möchten wir Ihnen ausgewählte Objekte aus unseren Beständen und Sammlungen zeigen, die wir für Sie in einen übergeordneten thematischen Gesamtzusammenhang stellen.

Wir beginnen die Ausstellungsserie mit dem Thema „Kriegsgefangenschaft in Lauf“

Arbeiter für die Landwirtschaft

Im Ersten Weltkrieg waren die Kriegsgefangenen im 1914 errichteten Kriegsgefangenenlager am Truppenübungsplatz Grafenwöhr untergebracht. Dort wurde zu dieser Zeit das größte Gefangenenlager Bayerns errichtet. Ab 1915 wurden die Gefangenen von dort aus zur Arbeit in der Braunkohleindustrie, im Bergbau und für die Arbeit in der Landwirtschaft abgestellt.

Basteln gegen den Hunger

Die Verpflegung der Kriegsgefangenen oblag dem jeweiligen Arbeitgeber, bei dem der Gefangene eingesetzt war. Hunger war ein ständiger Begleiter. In den städtischen Sammlungen finden sich Bastelarbeiten von Kriegsgefangenen aus beiden Weltkriegen, die als Tausch- oder Dankgaben an Laufer und Lauferinnen gelangten.

Fingerring aus Rosshaar und Perlen, 1917

Der Fingerring aus Rosshaar und Perlen, wurde von einem russischen Kriegsgefangenen 1917 für das Laufer Mädchen Barbara Kölbel gefertigt. Die Pferdehaare mussten mitgebracht werden. Wogegen er getauscht wurde ist unbekannt. Sehr wahrscheinlich waren es jedoch Lebensmittel. Auch Barbaras Freundinnen wollten daraufhin solch einen Ring haben. Der außergewöhnliche Ring wurde – zusammen mit seiner Geschichte – an Barbaras Sohn weitergegeben, der ihn vor einiger Zeit dem Stadtarchiv überließ.

Zweiter Weltkrieg: Französische Kriegsgefangene

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs und der Offensive gegen die westlichen Nachbarstaaten besetzten 1940 deutsche Truppen Frankreich. In der Folge des „Westfeldzugs“ gelangten französische Kriegsgefangene in das Nürnberger Land.

In Lauf waren die Kriegsgefangenen u. a. in der heutigen Gaststätte „Hammerschmiede“ in der Sichartstraße und im damaligen „Deutschen Arbeiterhaus“ – ehemals „Gewerkschaftshaus“ am linken Bahnhof einquartiert.

Ab Oktober 1940 richteten die Laufer Industriebetriebe ein gemeinsames Lager ein. Jeder Gefangene erhielt täglich 20 Pfennige Quartiergeld und 80 Pfennige Kostgeld. Beides musste für Kost und Logis abgeführt werden. Für das Laufer Lager war die Leitung des Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager XII, Arbeitskommando 2409 in Hohenfels zuständig, von wo aus weitere Kriegsgefangene zur Arbeit in den Laufer Betrieben angefordert wurden.

Mit Vogelfedern beklebte Papierdose

Die mit bunten Vogelfedern beklebte Papierdose stammt aus dem Nachlass von Babette Römer. Der Bäckerei Römer, ehemals in der Laufer Siebenkeesstraße 6, waren im Zweiten Weltkrieg mangels Personal ebenso französische Kriegsgefangene zugeteilt, die dort ihre Bastelarbeiten gegen Backwaren tauschten.

Handbuch für einen humanitären Umgang

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs gab es durchaus einzelne Persönlichkeiten, die sich – sensibilisiert durch den fortwährend unmenschlichen Umgang mit den Gefangenen, der ihnen täglich vor Augen stand – an verantwortlicher Stelle für die humane Behandlung der Kriegsgefangenen einsetzten.

Hauptmann Kurt Harries, der damals im Wehrkreis XIII zur Bewachung der Kriegsgefangenen als stellvertretender Bataillonführer eingesetzt war, stellte ein Handbuch zusammen, das einen humanen Umgang mit den Gefangenen vorgeben sollte. Generalmajor Anger, Kommandeur der Kriegsgefangenen im Wehrkreis XIII. (Nürnberg) übernahm seine Anregungen und bedankte sich in einem persönlichen Schreiben. Das neue Handbuch löste 1943 ein unzureichendes „Merkblatt für Führer von Arbeitskommandos“ ab.

Die Geschichte soll nicht das Gedächtnis beschweren, sondern den Verstand erleuchten.


Gotthold Ephraim Lessing
Soldaten 1916 auf dem Laufer Kunigundenkeller

Der Brodie-Helm

Ein besonderes, seltenes Foto aus dem Stadtarchiv zeigt Soldaten während des Ersten Weltkriegs auf dem Laufer Kunigundenkeller. Die Aufnahme datiert nach 1916, denn die Männer tragen bereits Stahlhelme, die im Verlauf des Kriegs erst entwickelt wurden. Unter ihnen sind englische Kriegsgefangene, erkennbar an den sogenannten „Brodie-Helmen“, entwickelt 1915 vom britischen Ingenieur John Brodie, die entfernt an mittelalterliche Eisenhüte erinnern.

Sie sollten den Kopf angemessen vor den neu entwickelten Waffen der Kriegsindustrie und hier vor allem vor Schrapnellen schützen, die in Folge der ersten Kriegsjahre zu verheerenden Kopfverletzungen und nicht selten zum Tod führten. 1936 wurde der Helm weiterentwickelt. Bis 1940 war die in Deutschland „Tellerhelm“ genannte Kopfbedeckung bei den britischen Streitkräften im Einsatz.