Erinnerung an Not und Teuerung
Ein kleines „Denkmal“ der besonderen Art
Gewöhnlich sind es imposante Denkmäler, die öffentliche Plätze beherrschen, zumindest aber Gedenktafeln an Gebäudefassaden, die an herausragende Ereignisse der Vergangenheit erinnern. Das Denkmal aber, das wir hier vorstellen wollen, misst gerade einmal 48 mm im Durchmesser. Es handelt sich um einen „Schraubtaler“, obwohl es niemals als Zahlungsmittel verwendet worden ist. Eine zweiteilige Medaille also, deren beide Schauseiten wie eine winzige Dose aufeinander gesteckt sind und in ihrem Inneren eine Folge von acht Papierblättchen bergen, die illustriert und beschriftet sind.
Solche Denkmäler im Kleinformat kamen bereits im 17. Jahrhundert in Mode. Sie entstanden durch das Aushöhlen einer größeren Münze, deren Inneres zum Einlegen von kleinen Erinnerungen dienen sollte.
Das Hungerjahr 1816
Die Schauseite zeigt eine vierköpfige Familie unter einem dürren Baum, deren Gesten auf Erschöpfung und Verzweiflung hindeuten. Die Umschrift lautet: GROS IST DIE NOTH – O HERR ERBARME DICH – 1816 u. 1817. Auf der Rückseite steht ein dankbar zum Himmel aufblickender Mann vor blühender Landschaft, dem ein Mädchen einen Ährenkranz reicht. Darüber schwebt ein Engel mit einem Getreidehalm. Die Umschrift lautet hier: ERKENNE DAS EIN GOTT ist.
Geschaffen hat den Taler der Nürnberger Graveur Thomas Stettner (1785 – 1872), der zu Beginn des 19. Jh. zahlreiche solcher Schraubmedaillen zu verschiedenen Ereignissen herausgebracht hat.
Unser Exemplar erinnert an die letzte große Ernährungskrise in Mitteleuropa in Folge der Napoleonischen Kriege im Jahr 1816 und wird daher als „Hungertaler“ bezeichnet.
Eine Wetterkatastrophe, ihre Folgen und deren Überwindung
Die aufklappbaren Text- und Bildfolgen der gefalteten Papier-Innenseiten erzählen von schweren Gewittern, Dauerregen, Hochwasser, Hagel und Kälte, die einen „Miswachs, und … Brodmangel“ hervorbrachten. Abzulesen sind auch die Teuerungsraten der Lebensmittel, die sich innerhalb eines halben Jahres verdoppelten. Zur Gegenüberstellung ist auf den Rückseiten das gute Jahr 1817 dokumentiert mit ertragreicher Futter- und Getreideernte.